Eine kleine Poesie ..... zum Einstimmen auf ein herbstliches Italien..... auch wenn wir noch mitten im Sommer sind....
Es war wieder einer jener Spaziergänge, hier, in meinem geliebten kleinen Ort an der Adria, Ende September. Eine jener täglichen Abendrunden mit den Hunden, an den Strand, zurück dann durch die
stillen Seitengassen des kleinen, fast schlafenden Ortes.
Heute war es irgendwie …… besonders. Eine halbe Stunde vor Sonnenuntergag in Wärme und hellem Sonnenlicht der Aufbruch von meiner Wohnung, 200m zum Strand. Warme, laue Spätsommerluft, alles voll
Alltagsleben in den Strassen, in denen die Väter von der Arbeit kommen, die Kinder noch laut und übermütig mit den Fahrrädern ihre Runden drehen, um sich vom frischen Schulzwang abzureagieren.
Dann die wohlbekannten drei zerfallenen Steinstufen zum Strand – und das Meer schluckt die Geräusche der Menschen, und wie immer um diese Zeit bin ich so gut wie allein. Wir marschieren zügig
drauf los, wir drei. Die kleine Mimi, das wuslige Terriermädel, immer zerzaust, immer wichtig, immer alles im Auge habend. Und die hübsche Windhundlady, eher schon ein wenig mehr Tussi als Lady,
neugierig, elegant, vorsichtig und im Zweifelsfall ängstlich.
Alle drei lieben wir unsere Stunden hier, in steter Eintracht. Ich muss mich nicht um die Zwei kümmern, sie sind, vor, hinter, neben mir, haben ihre eigenen Bilder und Wahrnehmungen, dürfen ganz
Hund sein, nicht Menschenspielzeug. Ich kann also ganz ungestört meinen Gedanken nachhängen, die Seele baumeln lassen, die Gedanken ungeordnet kommen und gehen lassen wie sie es wollen – fast so
frei wie die Hunde, muss ich lächeln.
Heute ist es das Licht, das mich besonders verzaubert. Diese Stunde zwischen Sonnenschein und Dämmerung…..eigenwillige Farben kommen, strahlen, verschwinden, deuten sich nur an oder sind
plötzlich überraschend präsent. Kein Wind, auch neben dem Wasser nicht, immer noch umgibt mich die Tageswärme.
Ich beschließe, nicht am Strand, sondern durch einen stillen Teil des Ortes zurückzugehen, die Gärten zu betrachten, die Hunde – diesmal an der Leine – auch wieder andere „Nachrichten“ lesen zu
lassen.
Die kleinen Straßen sind wie ausgestorben, die Sonne verschwindet hinter der Häuserfront, kein machtvoller Untergang, sondern ein ganz sanftes Vergehen des Tageslichts. Die Straßenlaternen sind
noch nicht auf die neue Zeit der Dämmerung eingestellt und bleiben noch eine Weile dunkel. Ich gehe, bleibe immer wieder stehen, verharre…… kann Licht Stille hervorrufen? Es ist sooo still…… alle
Geräusche, die von fern noch da sind, verwehen irgendwie, kommen wie aus einem ganz fernen Raum kaum durch….kein Vogelgezwitscher mehr, keine Stimmen aus den Gärten oder den offenen Fenstern…..
die blaue Stunde, so haben es wohl die Dichter seinerzeit genannt!
Ob das außer mir noch wer so empfindet? Grad biegen zwei Kinder um die Ecke, ein Mädchen von vielleicht 9 Jahren, ein ca, 13 – jähriger Junge neben ihr. Ihr Handy spielt quäkende Musik, der
Bursch stapft dazu über den Asphalt – SIE spüren es also nicht. Kinder …. Ich hätte es seinerzeit schon in mich aufgenommen, doch die Kinder unserer Zeit lernen nur mehr sehr selten, der Stille
zu lauschen. Schade für sie, denke ich.
Ich fühle mich gestört, bleibe mit den Hunden zurück, bis die Zwei außer Hörweite sind. Außer Sichtweite sind sie früher, stelle ich mit einem Schmunzeln fest, habe ich doch meine Brille nicht
auf, und so verschwinden die zwei Gestalten für mich recht bald im Schattenspiel zwischen Dämmern und Nacht.
Jetzt gehen die Laternen an – ganz langsam, ihr sanftes gelbes Licht wird nur unmerklich heller, bis es seine endgültige Leuchtkraft erlangt hat. Ich schaue in den Himmel – über mir und in der
Richtung, in die ich gehe, ist er noch hell, dieses fahle, ganz zarte Blau – hinter mir, in der Richtung, aus der ich komme, wird er dunkelgrau und schwarz…..die Nacht……jetzt kommt sie schnell,
aber sie hat nichts Bedrohliches. Es gab eine Zeit in meinem Leben, da empfand ich Dunkelheit als Gefahr, als Feind, heute habe ich das Gefühl, dass sie mich nur sanft einhüllt.
Die Temperatur hat sich verändert. Ich bin kurzärmlig von daheim weggegangen, jetzt streiche ich fragend über meine bloßen Arme, und eine ganz leichte Kühle ist zu spüren, noch nicht unangenehm,
aber auch nicht mehr zu ignorieren.
Immer wieder bleibe ich stehen, will den Heimweg nicht so schnell hinter mich bringen. Die Hunde sind glücklich, ihre Welt der Gerüche beschäftigt sie voll und ganz. Und ich verharre immer
wieder, verliere mich im Licht – und Schattenspiel eines Gartens, bleibe immer wieder stehen um durch die verschiedensten Bäume und Sträucher in den verblassenden Himmel zu schauen. Es ist wie
eine Art Meditation, mitten auf der Strasse, unbemerkt und unwahrscheinlich beruhigend.
Langsam nähere ich mich der Hauptstrasse – oweh, da ist das laute Leben zurückgekehrt! Autos mit quietschenden Reifen, Rufe aus den Fenstern, um die Kinder hereinzuholen zum Essen, Hunde, die das
alles mit dem Abendbellen quittieren…..
Es wird Zeit – schnell um zwei Ecken gebogen, hinein in den Garten, schnell in den Lift mit uns und weg vom lauten Leben da draußen, hinauf in den 6. Stock, auf die Terrasse, aufs Meer träumen –
heute wollen wir drei einfach nur mehr ganz still sein…..